Earl Sweatshirt: «Solace»
Earl Sweatshirt, «the youngest old man that you know», veröffentlicht nach seinem Album «I Don't Like Shit, I Don't Go Outside» die zehnminütige Suite «Solace».
Als «music from when i hit the bottom and found something» bezeichnet der 21-jährige Rapper den Track auf Youtube. Die Depression, das Alleinsein: das waren schon die Themen seiner aktuellen Platte, die nicht die grosse panoramaartige Erzählung sucht wie Kendrick Lamar, dessen beinahe zeitgleich erschienenes Album «To Pimp a Butterfly» Earls sehr kurzes, doch nicht weniger dichtes und hermetisches Werk beinahe erdrückt hat.
Was Earl in den tiefsten persönlichen Tiefen aufgefunden hat, in den Tagen, in dener er blutleer und ohne Appetit vor sich hin siechte, ist seine immer wiederkehrende Familiengeschichte, die er nun beim Spliffrauchen erzählt. Der Anstaltsaufenthalt kommt da natürlich wieder vor («See I ain't been to prison but the feeling's the same»), das Gedenken an seine Grossmutter («I got my grandmama's hands, I start to cry when I see 'em // Cause they remind me of seein' her») und sein Suchtverhalten, ehe das Mitglied der Odd-Future-Gang zum deprimierenden Schluss kommt: «To tell the truth, I'm at loss of friends». Und: «If ya soul intact, let me know».
Die Musik, die diese kaum rhythmisierten Verse begleitet, stoppt immer wieder und ist wie die Erzählung nie intakt: Klavier-Loops, Free-Jazz-Samples und ein weicher Nebel-Beat sind da zu hören, und wenn Earl zum Schluss kommt, dann erklingt ein vermeintliches Zitat auf die «Disintegration Loops» von William Basinski (die bereits in «Grief» vermutet wurden). Der Zerfall einer Person, er ist in diesen atemraubenden zehn Minuten nachzuhören.
find your solace in your Self
— EARL (@earlxsweat) 28. April 2015
Materialien zu Earl Sweatshirt:
«Where's Earl» – die grandiose Reportage von Kelefa Sanneh aus dem «New Yorker».
Earl Sweatshirt im NPR-Interview, in dem er auch das «Solace»-Projekt ankündigt, das er seiner Mutter widmet.