Advent, Advent (19)
Das Jahr 2015 war das Jahr der Alben. Zum Runterzählen: die Platten mit den Nummern 30 bis 21.
30. Micachu & The Shapes: «Good Sad Happy Bad»
Was für eine furchtbar, zunächst ärgerlich verpeilte Platte das ist – und sicherlich nicht die, die das Label und ein angewachsenes Publikum nach Mica Levis «Under the Skin»-Soundtrack erwarteten. Doch die Platte ist eben auch eine, die, wenn sie dann doch on repeat läuft, seltsam schwindlig macht und ebenso seltsam berührt. Andere kiffen, doch «Good Sad Happy Bad» reicht vollauf.
29. Mount Eerie: «Sauna»
Phil Elverum stieg in die Saunas seines Heimatstädtchens Anacortes, Washington, und produzierte dort eine weitere musikalische Einsiedlerei. Eine aber, die anders als seine vergangenen Platten auch nach Draussen gucken. Und ja, es gibt einen Mond.
28. Tame Impala: «Currents»
«Let it Happen» ist trotz Überlänge super (und ging seltsamerweise in den Jahresliedern komplett vergessen), «Currents» aber ein schöner Schrott (zumal auf den Streaming-Diensten, die 79% der ziemlich ausgefeilten Soundinformationen auffressen). Wieso denn das Album doch hier auftaucht? Nun, wie Kevin Parker mit sich kämpft, und eine neue Person werden will, ist zwar eitel, aber das Scheitern rührte mich dann schon – zumal mich die Platte über ein paar Wochen hin begleitet hat, in denen ich sie liebgewonnen habe. Zudem: Nur über das nun wirklich lässliche Album von Jamie xx liess es sich besser, lustiger und schöner streiten.
27. Various Artists: «In a Moment... Ghost Box»
Als «softly spooky, sweetly creepy», mit einem feinen Sinn an Humor ausgestattet, bezeichnet Retromania-Erfinder Simon Reynolds in seinen sehr lesenswerten Liner Notes zu dieser Jubiläumscompilation die Musik des Labels Ghost Box. Und fürwahr: Als Gast in der Welt von Ghost Box wähnt man sich in verschollenen TV-Programmen und schaut den imaginären Gespenstertänzen zu, wenn die Tracks von Bands und Projekten wie The Advisory Circle, The Soundcarriers, The Focus Group oder Belbury Poly erklingen. Ein wunderbares Eingangsportal in diese wunderliche Ghost-Box-Welt.
26. Lower Dens: «Escape from Evil»
Vor viereinhalb Jahren, als Lower Dens in der Roten Fabrik das Vorprogramm von Deerhunter bestritten, war die Band aus Baltimore eine ziemlich gute, doch einigermassen normale Gruppierung, die sich den Gitarrenhall-Seiten des Dream-Pop zugewandt hatte. Ein Jahr später erschien das Album «Nootropics», das dank der immer noch unglaublichen Motorik-Single «Brains» Lower Dens in eine aussergewöhnliche Band verwandelte. Diesen Frühling erschien nun «Escape from Evil», ein Album, auf dem Sängerin Jana Hunter und ihre Mitmusiker mit plüschigeren Synth-Pop-Mitteln vor dem Bösen flüchten wollen. Und die Platte ist denn auch bislang das konsequenteste Werk, eines, dass dieses Jahr der grossartigen Alben überdauern wird, dank Songs wie «To Die in L.A.» oder «Société Anonyme», die zu zarten und bittersüssen Pop-Hymnen werden. Und diese waren vor viereinhalb Jahren nun wirklich noch nicht absehbar, als Lower Dens einfach eine weitere gute Band waren. Zudem: zweitbester Albumschluss des Jahres.
25. Yo La Tengo: «Stuff Like That There»
Was gibts schöneres, als eine so liebevolle Coverplatte? Nicht sehr viel. Somebody's in love...
24. Aphex Twin: «Computer Controlled Acoustic Instruments Pt 2»
Favorisierter Release im Jahr 2015 des Soundcloud-Users mit der Nummer 48736353001. Und dieser funktioniert gleich in zweifacher Geschwindigkeit, also 33 und 45rpm. Erstere ist eher zum Fürchten, letztere zuweilen auch zum Tanzen. Und: was für ein Klavier.
23. Viet Cong: «Viet Cong»
Wahrscheinlich hat Rockmusik schon eine okaye Zukunft, wenn sie so klingt wie zu Beginn des Jahres bei den Kanadiern mit dem sehr schwierigen Bandnamen. Den müssen sie nun endlich entsorgen, der Rest ist immer noch dringend.
22. Andreas Spechtl: «Sleep»
Andreas Spechtl hat mit seiner reisenden Soloplatte das Album für die schlaflosen und halbwachen Momente in schwülen Sommernächten geschrieben. Der Gospel ist zart und aber nicht immer friedlich, doch: Sleep has no end.
21. Flying Saucer Attack: «Instrumentals 2015»
Ufo-Sounds aus der Gitarre von einem lange Verschollenen: David Pearce war 15 Jahre untergetaucht und veröffentlichte diese Instrumentals, die ein überraschend karg dokumentiertes, doch faszinierendes Musik-Kapitel der Lieblingsstadt Bristol ein klein wenig ins Licht zurückholten. Wer sich dieses Album gibt, gräbt bestimmt tiefer (weil es weit einfachere und auch intuitivere gibt, zumal der Gesang von Pearce schon auch vermisst wird). Weitere Ufo-Sounds gibts im Wire und im Beginner's Guide von Fact und natürlich gedenkt man auch Nick Talbot, der diese Musik so geliebt hat. Farewell, farewell.
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