Animal Collective: «Time Skiffs»
Neue, alte Freunde: Das Animal Collective rudert auf dem neuen Album «Time Skiffs» durch die Zeiten.
Vielleicht muss ich nun doch rasch in der Zeit zurückrudern, denn es gibt selbst bei einer weitoffenen, vorausblickenden Gruppe wie dem Animal Collective eine Vergangenheit, die mit den Jahren immer tiefer wird. Und Nostalgie spielt da schon auch eine Rolle, weil es handelt sich auch um Freundschaften, die mittlerweile über Jahrzehnte hinweg mal mehr, mal weniger gepflegt werden.
Denn ja, es sind wirklich bereits über 15 Jahre vergangen, seit Avey Tare, Panda Bear, Geologist und Deakin die aufregendste und freieste, gleichzeitig auch glücklichste Musik aufgenommen haben, mit ewig jungen Zauberalben wie «Sung Tongs» oder «Feels». Um dann mit «Merriweather Post Pavilion» (2009) kurzzeitig zu einer der grösseren Bands zu werden, ehe sie sich bei aller Beweglichkeit und aller Liebe dann doch festspielten und abgesehen von Soundtrackarbeiten 2016 das bislang letzte Album veröffentlichten.
Nun scheinen die Freunde aus Baltimore wieder neue Luft zu atmen. «Time Skiffs», so der Zeitboot-Ruder-Titel des neuen Albums, verlässt die digitalen Flackerräume der jüngeren Vergangenheit. Fast schon aufgeräumt und klassisch klingen die Songs, trotz den ekstatischen Chören und den vielen Saiten, die sie schrummen. Die 60er-Pop-Klassik ist denn auch wieder stärker präsent, vor allem die Beach Boys und die Folk-Psychedelik, die das Animal Collective ins neue Jahrtausend überführt hat.
Aber «Time Skiffs» ist nicht nur eine nostalgische Wiederhörübung mit einer Lieblingsband. So locker wie im schleichenden «Prester John», so zuversichtlich wie im euphorischen «Strung with Everything» und so zart und ganz bei sich wie im Schlusssong «Royal and Desire» spielte und sang das Animal Collective noch selten zuvor zusammen. Und so klingt «Time Skiffs» weniger nach Vergangenheit, sondern wie eher wie eine kuriose Zeitkapsel aus verschiedenen Schichten, mit der man gemeinsam sehr gerne in die nahe Zukunft aufbricht.
Animal Collective: «Time Skiffs» (Domino/Irascible)
Live: 21.11., Fri-Son, Fribourg
