Pop-Geschichten
Seit einiger Zeit zählt das Buch «Yeah Yeah Yeah – The Story of Modern Pop» des Saint-Etienne-Musikers und Journalisten Bob Stanley zu meinem festen Reisegepäck. Der schwere Band enthält die überaus kurzweilige Geschichte der «Popmusik», die 1952 ansetzt – als der NME in England die erste Single-Hitparade veröffentlichte –, und die den Endpunkt in der Erfindung von Napster und iTunes findet.
Stanley ist ein Pop-Begeisterter durch und durch, beschreibt die hanebüchenen Songs der ersten Top-Ten-Liste, beschreibt sonische Revolutionen und die Evolution der verschiedenen Pop-Stile, lustig und genau, begeisternd und nie anbiedernd.
Die erste Nummer 1 der britischen Charts: Al Martino mit «Here In My Heart»
Es gibt Listen, eine Vielzahl an Geschichten und Ankedoten, kurz: ein Buch der Kurzweil, zumindest bis zu Bob Dylans Geburt, die bei meinem Lesezeichen kurz bevorsteht.
Seit gestern gesellt sich zu «Yeah Yeah Yeah» nun «Über Pop-Musik» von Diedrich Diederichsen hinzu, ein Buch, das sich, so der lapidare und grosse erste Satz, mit «Pop-Musik» befasst. Das Buch, so der Verlag, sei «das Ergebnis seines lebenslangen Nachdenkens über Pop», und das Ergebnis ist, natürlich, hochtheoretisch, mit schönen Bonmots versehen und gänzlich anders gelagert als «Yeah Yeah Yeah».
In der FAZ wurde Diederichsen auf Stanleys «Yeah Yeah Yeah» angesprochen. Die Interviewpassage liest sich so:
«Vor kurzem hat der englische Pop-Musiker Bob Stanley
eine Geschichte der Pop-Musik geschrieben, sie heißt „Yeah Yeah Yeah“
und hält sich nicht lange mit Abstraktionen auf, es geht gleich mitten
hinein, die Beatles, Kraftwerk, Michael Jackson. Und er ist dabei alles
andere als affirmativ. Irgendwie scheint in der Bundesrepublik die
Selbstverständlichkeit zu fehlen, so mit Pop-Musik umzugehen.
Ach Gott, die Selbstverständlichkeit! Ich halte es für einen großen Vorteil, dass man im deutschsprachigen Raum darum herumkommt, die Einwände der Kritischen Theorie gegen den „gewachsenen Schnabel“ aufzugreifen - um dann dennoch nicht einfach akademisch zu reden. Das ist doch ein Luxus und erlaubt einem einen anderen Blick. William Gaddis oder Samuel Beckett dürfen bei Bob Stanley nicht rein, aber bei mir.
Dafür hat es Stanley einfacher, der kommt aus der Praxis und muss sich nicht die Mühe machen, erst mal eine Theorie zu bilden.
Wie langweilig für ihn! »
Und wie gut für die Leserschaft, die beide Pop-Biografien parallel lesen kann. Kurz, ich freue mich sehr auf die Lektüre dieser Pop-Geschichten. Und über meine Lesespuren in den beiden Bänden werde ich hier fortlaufend berichten.
Bob Stanley: «Yeah Yeah Yeah», Faber & Faber, London, 2013.
Diedrich Diederichsen: «Über Pop-Musik», Kiepenheuer & Witsch, Köln, 2014.
Beide Bücher sind im lokalen Fachhandel bezieh- oder bestellbar.
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